Zwischen den Gefühlswelten

Ein Bericht von Tobias Dohr, Wümme Zeitung / Osterholzer Kreisblatt, 7. April 2014.

Original: http://www.weser-kurier.de/sport/region/osterholzer-kreisblatt-wuemme-zeitung_artikel,-Zwischen-den-Gefuehlswelten-_arid,822606.html

Lilienthal. Der TV Lilienthal hat das erste Halbfinal-Play-off gegen den deutschen Floorball-Rekordmeister UHC Sparkasse Weißenfels nach bravourösem Kampf mit 5:6 verloren. Mehrfach kämpften sich die „Wölfe“ nach Rückständen zurück in die Partie, am Ende schien die Verlängerung zum Greifen nahe – ehe eine späte Zweiminutenstrafe alle Hoffnung zunichte machte.

Als das Spiel vorbei war, da jubelten die Spieler vom UHC Sparkasse Weißenfels. Sie taten dies ausgelassen und lauthals, vor allem aber: mit einer riesigen Erleichterung. Denn das, was da gerade vor 300 restlos begeisterten Zuschauern mit ihnen geschehen war, hatte in dieser Form keiner erwartet – am allerwenigsten wohl der große Favorit selbst. 60 Minuten lang war der Topfavorit auf den deutschen Meistertitel von nicht aufgeben wollenden „Wölfen“ durch die Schoofmoorhalle gejagt worden, am Ende hatte es zu einem knappen 6:5 (1:1, 2:4, 2:1) gereicht.

„Die haben gepumpt, genau wie wir“, sagte Bastian Barthel nach der Partie. Und der Trainer des TV Lilienthal wusste genau: Es wäre mehr drin gewesen. „Im ersten Moment denkt man jetzt: Man, wir hätten es packen können. Aber hey, wir haben 5:6 gegen Weißenfels gespielt.“ Und die Ostdeutschen sind ja immerhin so etwas wie der FC Bayern München des deutschen Floorballs. So wie Bastian Barthel ging es nach dramatischen 60 Minuten aber vielen in der Halle. Die Stimmung schwankte zwischen unbändigem Stolz und dem Gefühl, ganz dicht an der großen Sensation vorbeigeschrammt zu sein.

Nur in den ersten sieben Minuten lief die Partie so, wie von vielen Außenstehenden erwartet. Der deutsche Rekordmeister ließ den Ball laufen, die „Wölfe“ liefen hinterher. Folgerichtig fiel das 0:1 durch Oskari Kangas. Zuvor hatte Weißenfels den Ball über fast 15 Stationen beeindruckend laufen lassen. In diesem Moment deutete nichts auf ein Duell auf Augenhöhe hin. Bis Niklas Krieger sein Team und die Fans wachrüttelte.

Angst mit dem 1:1 abgelegt

Krieger attackierte nach einem zu kurz geratenen Rückpass den letzten UHC-Mann mit aller Vehemenz, drängte und schob, kam schließlich in Ballbesitz und legte mustergültig für Torschütze Ole Appenrodt auf. Keiner hätte sich über einen Foulpfiff der Schiedsrichter beschweren können, doch der Pfiff kam nicht. So stand es plötzlich 1:1 – und mit einem Schlag war sie weg, die Angst vor dem übermächtigen Gegner. Nun ging es hin und her. Appenrodt und Tobias Melde vergaben den Führungstreffer. Die „Wölfe“ zeigten eine völlig andere Körpersprache, die Fans bejubelten das 1:1 nach dem ersten Drittel schon wie einen Sieg. Doch der zweite Durchgang wurde noch hochklassiger.

Die Gäste gingen mit 2:1 in Front (22.), vier Minuten später glich Daniel von der Heyde mit einem tollen Distanzschuss aus. Die Gäste gingen mit 3:2 in Front (29.), drei Minuten später glich Ole Appenrodt mit einer Direktabnahme aus.

Selbst als Weißenfels mit einem Doppelschlag die erste Zweitore-Führung gelang (32., 33.), ließen sich die „Wölfe“ nicht abschütteln. Sehr zur Freude übrigens der 300 Zuschauer in der Halle und der über 400 Leser des Live-Tickers im Internet – beides Rekordwerte.

Mark Oliver Bothe eröffnete den Schlussdurchgang mit dem neuerlichen Anschlusstreffer (46.). Längst hatten die Gäste ihre sonst so beeindruckende Souveränität verloren, der Favorit wankte und spürte dies auch selbst. Entsprechend groß war der UHC-Jubel, als Thomas Händler vier Minuten vor Schluss das 6:4 erzielte. Doch auch das war noch nicht die Entscheidung. Dennis Heike schloss nach einem Ballverlust der Gäste einen Konter mit dem 5:6 ab: 90 Sekunden vor dem Ende stand die Halle Kopf. Die konsternierten Gäste igelten sich nun hinten ein und wollten die Zeit runterspielen. Die Sensation lag in der Luft – bis Frank Brinkmann nach einem missglückten Ball nur noch per Foul eingreifen konnte. Die letzten 43 Sekunden mussten die „Wölfe“ in Unterzahl spielen. Die Chance auf den „lucky punch“ war dahin. Die Chance, sich bundesweit Anerkennung zu verschaffen, haben die Lilienthaler hingegen bravourös genutzt.

TV Lilienthal: Hallerstede, Fidelak; Bothe, Brinkmann, Marc Lubes, Krieger, Appenrodt, von der Heyde, Diaz de Armas, Bruns, Murken, Heißenbüttel, Heike, Melde.

STIMMEN ZUM SPIEL

Freya Mordhorst (Co-Trainerin): Die Entwicklung, die unsere Mannschaft in den letzten Wochen gemacht hat, ist einfach unfassbar. Die Jungs haben auf Augenhöhe mit der besten Mannschaft der regulären Saison mitgespielt. Schade, dass es am Ende nicht gereicht hat, aber wir sind sehr zufrieden und stolz. Am nächsten Wochenende greifen wir noch mal an.

Gerald Stehn (2. Vorsitzender TV Lilienthal): Ich hatte zwei der drei Viertelfinal-Spiele gegen Wernigerode gesehen und glaubte, dass da bezüglich spielerischer Qualität, Mannschaftsgeist, konditioneller Leistung und Leistungsbereitschaft keine Steigerung mehr möglich wäre. Ich und die vielen begeisterten Zuschauer sind eines Besseren belehrt worden. Hochachtung und Kompliment für alle Wölfe.

Ines und Volker Witt (treue Fans): Ein toller Fight – und Weißenfels war garantiert von der guten Leistung der Wölfe überrascht. Wir drücken weiterhin die Daumen und halten uns schon mal den Ostersamstag für das Final-Heimspiel frei.

Tobias Melde (TVL-Spieler): Das Spiel war einfach beste Werbung für den Sport. und hat gezeigt, dass wir mit unserem Konzept seit dem Aufstieg auf dem richtigen Weg sind. Und wir sind heiß auf das zweite und hoffentlich dritte Spiel.

Finn Leiermann (Jugendspieler): Man hat gesehen, dass auch mit Spielern aus der Region und einer entsprechenden Ausbildung vieles möglich ist. Ich denke, jeder Jugendspieler möchte gerne mal vor so einer Kulisse auflaufen.

FOTOSTRECKE: http://www.weser-kurier.de/start/fotos/lokalsport/region88_galerie,-Niederlage-fuer-Lilienthals-Floorballer-_mediagalid,26730.html

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